25. Mai 2022

Betrügen als Geschäftsmodell – Jan Marsalek und Ralf Simon

Foto: Shutterstock / Andrey Mihay

Der Fall Jan Marsalek – skrupelloser Stratege beim Wirecard-Waterloo

(Fahndungsplakat; Foto: Polizeipräsidium München)

Der Österreicher ist aktuell die meist gesuchte Person in Europa. Und das will etwas heißen! Marsalek war über zehn Jahre bis Juni 2020 Vorstandsmitglied der Wirecard AG mit Sitz in Aschheim bei München. Als Chief Operating Officer war er für das gesamte operative Geschäft des einstigen Börsenlieblings verantwortlich. Inklusive Vertrieb und Asien-Geschäft.

Der Mann fürs Grobe – hinter der vermeintlichen Lichtgestalt Markus Braun, dem Vorstandsvorsitzenden. Der Ex-Manager galt als gefährlich. Fast lautlos und unauffällig hat er die globalen Strippen gezogen und so maßgeblich zum Börsencrash des Konzerns mit Milliardenverlust beigetragen. Und das mittels jahrelanger strategischer Planung und jeder Menge krimineller Energie. Was ihm laut Haftbefehl vorgeworfen wird? Gewerbemäßiger Bandenbetrug, besonders schwerer Fall der Untreue und weitere Vermögens- und Wirtschaftsdelikte.

Bei Wirecard hat Marsalek zuletzt 2,7 Mio. Euro p.a. verdient. Sein Vermögen wird auf einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag geschätzt.

Keine relevanten Fluchtspuren

Marsalek, so die Gerüchte, soll nach Weißrussland, auf die Philippinen oder nach China geflohen sein. Ernstzunehmende Quellen berichteten von einem Domizil in Libyen. Unter dem Schutz des dortigen Geheimdienstes. Klar ist: Mit einer gezielten Skip-Tracing-Kampagne hat der Hochstapler gekonnt falsche Fährten gelegt und die Spuren der Flucht perfekt verwischt. Laut Wirtschafts-/Finanzmagazin Handelsblatt flüchtete der Wirecard-Betrüger vor zwei Jahren in die Stadt Razdory nahe Moskau. Hier genießt er wie seine meist prominenten Nachbarn ein luxuriöses Wohnambiente unter ausgeprägten Sicherheitsstandards. Das Anwesen von Staatschef Putin liegt keine zehn Kilometer entfernt.

Die Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde BaFin war mitverantwortlich für die größte Nachkriegspleite in Deutschland. Denn sie prüfte zu langsam und nur oberflächlich. (Foto: Shutterstock / Ascannio)

Mitte April 2022 berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel über geheimdienstliche Verquickungen zwischen Deutschland und der Russischen Föderation. So sollen die Deutschen schon länger wissen, dass der Gesuchte nahe Moskau residiert und vom russischen Geheimdienst FSB protegiert wird. Obwohl dieser entsprechend dementiert. Bereits Anfang 2021, so das Wochenmagazin, soll dem Bundesnachrichtendienst (BND) ein Geheimtreffen mit Marsalek angeboten worden sein. Inzwischen hat die deutsche Justiz ein Rechtshilfeersuchen an die russische Regierung gestellt. Marsalek soll ausgeliefert werden!

Insolvenzreport listet Verluste von über einer Milliarde Euro auf

Wirecard steht für einen der größten Wirtschaftsskandale in der deutschen Geschichte: Jahrelang wurden Luftbuchungen vorgenommen und Scheingeschäfte vorgetäuscht – um den Aktienkurs hochzuhalten und um sich Kredite zu erschwindeln. Über Jahre haben die gefälschten Bilanzen Profit ausgewiesen – tatsächlich waren die Verluste aber Milliarden schwer.

Die Detektei ManagerSOS aus Frankfurt am Main veröffentlichte gezielt das Gerücht, dass auf Marsalek eine Kopfprämie von bis zu 5 Mio. Euro ausgesetzt sei, spendiert von einem Privatmann. Ob das tatsächlich hilft, den Bankrotteur zu fassen? Es darf bezweifelt werden…

Fazit nach Niccolo Machiavelli: „Jeder sieht, was du scheinst. Nur wenige fühlen, wie du bist.“

Der Fall Ralf Simon – Narzisst und dreister Wiederholungstäter?!

Simon fliegt gern und voller Stolz im Learjet durch die Welt – bezahlt von geschädigten Anlegern. (Fotos: privat)

Im August 2002 widmete DIE WELT dem notorischen Betrüger eine spannende Story: Anlass war seine spektakuläre Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Oldenburg, wo er wegen Anlagebetrugs und millionenschweren Schadens gut zwölf Jahre abzusitzen hatte. Und zwar in Sicherungsverwahrung! Denn der damals 41-jährige hatte während einer früheren Haft sage und schreibe fünf Fluchtversuche unternommen. Wie schafft man es, aus einem nagelneuen, bis dato ausbruchssicheren Gefängnis zu entkommen?

Ganz einfach: Getreu dem Motto „Menschliche Schwächen ausnutzen!“ Simon motivierte einen Beamten mit 50.000 Euro zum Fluchthelfer. Unter leeren Kartons in einem Bollerwagen versteckte sich der Gefangene – der Vollzugsbeamte zog das Gefährt zum eigenen Auto.

Der böse Wolf im smarten Schafspelz

Tolldreiste Geschichten konnte Simon schon immer erzählen, um seine „Anleger“ abzuzocken. Bereits als 24-jähriger versprach er als unseriöser Anlageberater seinen Kunden Traumzinsen. Die Gelder der Anleger wanderten aber in seine eigene Tasche! Nach Festnahme, Urteil und Haftstrafe zog es ihn nach Neuseeland, wo der Berufsbetrüger Investorengelder für ein Tourismus-Ressort im „Wolkenkuckucksheim“ einsammelte. Der Schaden durch Veruntreuung? Wieder umgerechnet mehrere Millionen Euro! Und wieder Verhaftung, dann ausgewiesen nach Deutschland, erneut Flucht – diesmal aus der Untersuchungshaft… Festnahme auf den Fidschi-Inseln, Auslieferung nach Deutschland und Verurteilung zu fünf Jahren Haft.

Simon inszeniert sich gern als Mann mit den Taschen voller Bargeld. (Foto: privat)

Aktuell scheint der smarte 60-jährige seine Opfer mit einer Story abzuzocken, bei der sogar der legendäre Lügenbaron von Münchhausen amüsiert lauschen würde. So soll Simon Stein auf Bein schwören, dass er auf einen märchenhaften Goldschatz gestoßen sei, der in den Wirren des arabischen Frühlings in Libyen verloren ging. Die nach Europa geflüchtete Familie hätte ihn autorisiert, Goldbarren und Bargeld im Wert von über einer Milliarde Euro sicher zu bergen. Mal liegt der Schatz nach eigener Aussage in einer Hafenstadt der Elfenbeinküste, dann wiederum laufen seine Gold-Deals in Dubai, der Türkei und in der Schweiz. Den Schatz in den sicheren Hafen der Familie zu bringen kostet natürlich Geld, viel Geld…

Legendenbildung mit Learjet und jeder Menge Bargeld

Und dafür braucht es Investoren! Diesen verspricht er horrende Renditen – er selbst soll bei diesem Deal mehrere hundert Millionen Euro kassieren, lockt er die Geldgeber. Die Investments sind über vermeintlich seriöse Verträge, treuhänderisch verwaltet von einem Anwalt aus dem persönlichen Umfeld von Simon, abgesichert. So ködert er die Ahnungslosen, die auf gigantische Margen hoffen. Aber Simon ist skrupellos. Glaubt man Betroffenen, werden vertraglich zugesicherte Rückzahlungstermine generell nicht eingehalten, die Treuhandkonten scheinen abgeräumt, da der Treuhänder auf Nachfragen nicht mehr reagiert. Um die frustrierten Anleger bei Laune zu halten, soll der „Schatzsucher“ kontinuierlich „Beweisfotos“ in die Runde schicken. Simon im Learjet auf dem Weg nach Afrika, Simon mit Personalausweis, Tageszeitung und Geldkoffer voller Bargeld, Simon im Taxi mit Bargeldbündeln… Es gibt Investoren, die schwören, von ihm mehr als hundert Auszahlungstermine erhalten zu haben. Mit Schwur auf seine Kinder im persönlichen Gespräch, per Message oder im Telefonat.

Erstmalig berichtete das Portal diebewertung.de über das Goldprojekt und die Rolle einer Leipziger Anwaltskanzlei.

Fast wie im Mafia-Film: Simon verschickt Foto mit Geldkoffer, Passkopie und Datum an „Anleger“… Digitale Bildbearbeitung lässt grüßen! (Foto: privat)

Der Plan, an Opfer zu kommen, ist perfide: So soll das Image eines renommierten Edelmetall-Händlers herhalten. Kunden, die hier seriös in Gold und Silber investieren, so wird kolportiert, werden von einem Vertriebsmanager des Unternehmens gezielt auf die Schatzsuche angesprochen, die als seriöses Business verkauft wird. Inzwischen recherchieren mehrere Medien zum Thema, das hunderte an immer neuen Facetten des Betrugs offenbart. So soll ein englischer Geschäftsmann Simon, der zeitweise mit einem liberianischen Diplomatenpass unterwegs war, einen hohen sechsstelligen Eurobetrag für einen Corona-Maskendeal über den Treuhänder bezahlt haben. Aus dem Geschäft wurde natürlich nichts! Simon rühmte sich vor Dritten voller Stolz, den Engländer „übers Ohr gehauen“ und das Geld in den Topf der Schatzsuche geworfen zu haben.

Was wohl in Simons Steuererklärung steht?

Fazit nach der Komödie von Heinrich von Kleist in Der zerbrochene Krug: „Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht!“

Lesen Sie ebenfalls zum Thema „Betrügen als Geschäftsmodell“ unseren Artikel zu Fynn Kliemann und den Bankern der MM Warburg:

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