27. Juni 2022

Das Geheimnis vom Bio-Wein der Spitzenklasse

Foto: Shutterstock / goodluz

Immer mehr ökologischer Weinbau im Bordeaux – Château Rioublanc ausgezeichnet

In Frankreich hat Biowein eine Jahrhunderte alte Tradition. Dahinter steht der Terroir-Gedanke: Im Zusammenspiel von Boden, Lage, Klima, richtiger Rebsorte am richtigen Ort und Winzererfahrung, entstehen die Bio-Weine. Rund 14 % der Rebflächen sind inzwischen bio-zertifiziert. Tendenz steigend! Schwerpunkt des nachhaltigen Anbaus sind die Weinbaugebiete Languedoc-Roussillon, Rhonetal und Bordeaux. Insofern zählen die französischen Winzer zu den Pionieren beim ökologischen Weinbau.

Bio-Wein boomt besonders in Deutschland immer stärker. Insbesondere kauft rund ein Viertel der unter 30-Jährigen regelmäßig bzw. ausschließlich nur Produkte aus biologischem Anbau, so eine jüngst veröffentlichte Studie des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Während eines Jahres wuchs der Anteil dieser ökobewussten Konsumenten von 14 auf 23 %.

Böden und Klima befeuern Spitzenweine im Bordeaux

Bei der weltweiten Weinproduktion liegt Frankreich nach Italien an zweiter Stelle. 20 % der Weinherstellung entfallen auf Frankreich, der Anteil von Rotwein beträgt dabei 60 %. Das größte Anbaugebiet Frankreichs für Qualitätsweine liegt im Mündungsgebiet von Dordogne und Garonne. Dieses Weinbaugebiet, das Bordeaux, ist das größte zusammenhängende Anbaugebiet der Welt für Qualitätswein. Die Vielfalt der Böden und Mikroklimate ermöglichen die Herstellung unterschiedlichster Tropfen.

Bordeaux Weinberg Chateau Rioublanc
Wirtschaftsfaktor Weinbau: Die Region Bordeaux ist das weltweit größte zusammenhängende Weinbaugebiet für Spitzenweine. (Foto: Shutterstock / Anton Petrus)

Obwohl das Bordeaux im Süden Frankreichs liegt, wird das Klima erheblich vom Atlantik beeinflusst. Die wichtigsten roten Rebsorten sind Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc sowie weit dahinter Malbec und Petit Verdot. Bei den Weißweinen führen Sémillon und Sauvignon Blanc. Seit 2018 steigen immer mehr Bordeaux-Weingüter auf den biologischen Anbau um, weil die Kunden rückstandsfreie Weine wünschen. Das Verhältnis von Rot- zu Weißwein beträgt 80:20 %. 2002 wurden auf 111.000 Hektar Anbaufläche ca. 5,7 Mio. Hektoliter Qualitätswein erzeugt. Bordeauxweine sind typischerweise Cuvées mehrerer einzeln vinifizierter Parzellen oder Rebsorten.

Industrieller Weinbau in der Sackgasse – Bio-Weine immer gefragter

In ihrer Abhängigkeit von der Agrarchemie und deren katastrophalen Auswirkungen auf die Allgemeinheit ist die konventionelle Land- und Weinwirtschaft bereits erheblich in Bedrängnis geraten. Unabhängig von der Diskussion über die krebserregende Wirkung von Glyphosat sind die Auswirkungen des Herbizids auf Boden-Biologie und Boden-Chemie katastrophal. Denn sie sorgen beispielsweise durch Bodenverdichtung und biologische Verarmung für Nährstoffmangel. Die Fungizid-Spritzungen der herkömmlichen Weinwirtschaft und die industrielle Schweinemast verursachen hohe Kupferkonzentrationen in den Böden Europas.

Bereits 2008 erfolgte im Bordeaux ein nachhaltiges Umdenken: Die Protagonisten des Weinbaus diskutierten über Nachhaltigkeit und die realistischen Chancen den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Daraus entstand ein verbindlicher Klimaplan zur 20%igen Verringerung des CO2-Ausstoßes, zur Steigerung von erneuerbarer Energie, zur Minderung des Wasserverbrauchs und zur Einsparung von Energie. Verbindlich haben sich dieser Regelung mehr als 600 Anbaubetriebe – von insgesamt 6.300 – angeschlossen.

Immer mehr Chateaus werden zu ökologisch zertifizierten Weingütern

Nachhaltiger Weinbau wird inzwischen auf ca. 6.200 Hektar betrieben, integrierter Weinbau auf rund 10.000 Hektar. Biologisch zertifizierter Weinbau umfasst eine Fläche von gut 6.000 Hektar. Gute Bio-, Weiß- und Rotweine aus Frankreich gibt es im Handel für ca. 11 Euro je Flasche. Spitzenweine kosten über 40 Euro.

Nördlich von Libourne bewirtschaftet Philippe Carretero ein bemerkenswertes Weingut mit 45 Hektar Weinbaufläche. Ökologie und Nachhaltigkeit stehen für ihn, neben der Qualität, an vorderster Stelle. Das Château Rioublanc produziert bereits seit 2008 ausschließlich hochkarätige Bio-Qualitätsweine. Insofern ist Carretero ein Pionier der ersten Stunde im Bordeaux. Der Betrieb ist insbesondere bei der ökologischen Bodenbestellung in den Weinbergen innovativ. Chemie geht gar nicht! Umgekehrt konservativ sind die Winzer bei der Weinbergspflege und Ernte. Motto: „Es geht nichts über handwerkliche Kompetenz und individuelle Handarbeit!“

Über die Qualität und den Geschmack seiner Weine entscheidet Carretero höchst persönlich: Beispielsweise ergänzen fruchtige, leichte Rebsorten seine körperreichen Rotweine ideal. Das Zauberwort heißt Cuvée: Den Wein richtig zusammenstellen, diesen aus unterschiedlichen Rebsorten zu einer einzigartigen Harmonie entwickeln, die sich beim Genuss mit einem unvergesslichen Bukett entfaltet. Das gilt gleichermaßen für seine Rot- und Weißweine, die in regelmäßigem Abstand mit Medaillen ausgezeichnet werden.

Eine aktuelle Spitzen-Kreation von Carretero: Rotwein Château Rioublanc, ein Premium Organic Bordeaux, der in seiner Kreation aus Merlot (65%), Cabernet Sauvignon (25%), Cabernet Franc (6%) und Malbec (4%) einzigartig mundet. Eine Komposition aus fruchtiger Frische mit einem Schuss Schärfe sowie Geschmacksnoten von Kakao und Menthol.

Chateau Rioublanc Weine
Ausgezeichnete Weine: Bordeaux Rouge bio und Bordeaux Moelleux biologique. (Fotos Château Rioublanc)

Aber was konkret zeichnet den ökologischen Weinbau der Bordeaux-Chateaus – wie von Carretero – aus? Durchweg erheblich mehr Arbeit, denn: Das Ökosystem Weinberg gilt es durch vielfältige Flora und Fauna, Kompost und biodynamische Präparate aus Heilpflanzen wie Baldrian, Kamille, Eichenrinde oder Quarz und Kuhmist zu navigieren. Alle Trauben werden sorgfältig von Hand geerntet, gereinigt, von Stielen und Rispen befreit. Das schonende Pressen der Trauben dauert bis zu zwei Stunden. Der gewonnene Traubensaft wird dann, beispielsweiße beim Château Rioublanc, Bordeaux weiß, auf 12 Grad abgekühlt. Vor der temperaturgesteuerten Fermentation ruht der wertvolle Rohstoff für mindestens 24 Stunden.

Bio-Wein entsteht durch nachhaltigen Anbau und mit umweltgerechter Produktion

Danach werden zusätzliche Hefen zugeführt, der in den Trauben enthaltene Zucker wird durchweg abgebaut. Die Hauptgärung dauert sechs bis acht Tage, je nach Weintyp auch über zwei Wochen. Während der Gärung kann sich die Flüssigkeit auf bis zu 30 Grad erwärmen. Jetzt kann der Biowein in unterirdischen Tanks reifen. Der Reifeprozess ist nichts anderes als die Lagerung des Weins unter kontrollierter Zufuhr von Sauerstoff. Wie groß die Sauerstoffmenge sein darf, mit der der Wein reagiert, lässt sich nur verallgemeinern. „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“, sagt der Winzer. Nach mehreren Monaten Reifeprozess erfolgt eine penible Filtration mit Filtern aus Zellulosefasern. Erst dann beginnt die Flaschenfüllung – beim Weißwein im März, beim Rotwein frühestens im August, also fast ein Jahr nach der Weinlese.

Seit 2012 greift die EU-Verordnung 606/2009, mit der nicht nur biologische Trauben als solche gelten, wenn auf Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird. Jetzt gilt es auch im Keller bei der Weinbereitung umweltgerecht zu arbeiten. Kein Schönen und Klären mit Gelatine bei der Produktion erlaubt!

Seit einigen Jahren etablieren sich im Bordeaux zwei tiefgreifende Trends: Preise für Spitzenweine erreichen historische Rekordhochs, während die Preise für Fasswein abstürzen. Der vom „Syndicat des Bordeaux“ festgelegte Mindestpreis von 1.000 Euro pro Tonneau (900 Liter) ist im Markt längst nicht mehr durchzusetzen. Der Wettbewerb durch vergleichbare Weinqualitäten aus Argentinien, Chile, Südafrika und Australien ist horrend. Als Wirtschaftsfaktor in der Region hat der Weinbau eine dominierende Bedeutung: So beträgt der Gesamtabsatz der Bordeaux-Weine ca. 3,3 Mrd. Euro, bei einer Produktion von ca. 6 Mio. Hektolitern p.a.

Nur Bio-Wein hat Wachstumspotenzial

Die Kernbotschaft der Studie „The Global Organic Wine Market 2012 – 2022“ vom französischen Bio-Weinverband SudVinBio ist deutlich: Bio-Weine sind weltweit betrachtet – und natürlich gilt das auch für Deutschland – das einzige Wachstumssegment im Weinmarkt. Laut britischem Marktforschungsinstitut IWSR ist der deutsche Markt mit einem Absatzvolumen von 1,215 Hektoliter weltweit betrachtet immer noch der größte für Bio-Wein. Das entspricht ca. 25 % des global konsumierten Bio-Weins. Inzwischen ist davon auszugehen, dass Frankreich in 2022 vorbeizieht. Seit 2013 hat sich im westlichen Nachbarland der Konsum von ökologisch angebautem Wein nahezu verdoppelt.

Fast eine Mrd. Euro geben französische Verbraucher aktuell jährlich für Bio-Wein aus. Das entspricht einem Anteil von gut 9 % am gesamten Bio-Markt in Frankreich. Im Gegensatz zu Deutschland werden nur 24 % des Bio-Weins über die Supermärkte vermarktet. 99 % der gekauften Bio-Weine stammen aus dem Inland, so die staatliche französische Bio-Agentur Bio.

Im Durchschnitt ist Bio-Wein gegenüber konventionellem Wein 30 bis 60 % teurer. Dabei sind die Aufschläge für deutsche und französische Weine höher als für spanische oder italienische Weine. Vegane Bio-Weine, also ohne tierisches Protein, finden einen immer größeren Markt. Für Bio-Wein darf als tierisches Eiweiß nur frisches Hühnereiweiß von Bio-Hühnern oder pflanzliches Eiweiß verwendet werden. In Demeter Bioweinen findet sich kein Hühnereiweiß.

In Deutschland wird der Großteil der Bio-Weine über die Supermärkte und Discounter verkauft, die im Gegensatz zum Naturkosthandel und der Direktvermarktung erheblich günstiger angeboten werden. Grund hierfür: Die angebotenen Bio-Weine werden importiert, stammen teils aus Spanien, Italien, Neuseeland, Australien und Südafrika.

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