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Ist die deutsche Politik unter Führung von SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz, den Grünen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock sowie Finanzminister Christian Lindner für die Herausforderungen der heimischen Wirtschaft im globalen Kontext richtig gewappnet? Klar ist: Wichtige Industrien befinden sich in einem grundlegenden Transformationsprozess, getrieben von den Megatrends Digitalisierung, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, demografischer Wandel und den signifikanten geopolitischen Entwicklungen. Zusätzlich droht eine einschneidende Energiekrise…
Bürgerinnen und Bürger fragen sich heute besorgt: Müssen wir aufgrund unserer Energieprobleme bald kalt duschen, ohne ausreichende Heizung arbeiten und schlafen? Und: Können wir die explodierenden Energiekosten noch bezahlen? Dass die Energiepolitik vor einigen Jahren in die falsche Richtung abgebogen ist, dürfte inzwischen sonnenklar sein. Atomkraft und Kohle-Kraftwerke rigoros ausschalten, im Gegensatz dazu gefühlt auf 100% Green Energy setzen, koste es, was es wolle, war die Maxime der letzten Jahre… Die Sanktionspolitik gegenüber Russland, mit den daraus resultierenden Konsequenzen, illustriert nun extrem das Handicap unserer Energiepolitik.
Ursache und Wirkung – das Embargo wird sehr teuer
Die Russen verkaufen durch unser Embargo jetzt für Europa vorgesehenes Öl und Gas in Rekordmengen nach China und Indien. Diese Länder verkaufen die Rohstoffe dann wieder direkt nach Europa. Mit Aufpreis, versteht sich! Oder aber wir kaufen Produkte dieser Länder, die mit der Energie aus Russland produziert werden. Dafür holen wir uns, aus Mangel an Alternativen, das lange verteufelte, teure Fracking-Gas aus den USA, das in Mega-Frachtern über den Atlantik transportiert werden muss. Allein die hierfür notwendige Logistik verbrennt 25 % der Energie, die in der angeforderten Lieferung steckt.
Dass Wladimir Putin in der Ukraine einen verbrecherischen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen hat, steht außer Frage. Was aber wäre wirklich passiert, wenn sich Baerbock mit ihrer Forderung nach 100%igem Embargo von russischem Öl und Gas durchgesetzt hätte? Ohne Frage hätte der Wirtschaftsstandort Deutschland einen Mega-Gau erlebt! Und wo soll zukünftig eigentlich der Strom herkommen, der für die angepriesene Elektromobilität gebraucht wird? Machte es Sinn, den energieeffizienten Dieselmotor so zu verteufeln? Und das als Weltmarktführer bei dieser Antriebstechnik! Und dann noch die aktuelle Inflation auf Rekordhoch…
Wirtschaftsverbände aus Bayern fordern Lösungen
Der branchenübergreifende Wirtschaftsverband mib, „Mittelstand in Bayern“, der sich in Bayern als Interessenvertreter der Selbstständigen und mittelständischen Unternehmer positioniert, sprach Scholz und seiner Regierungsmannschaft Ende Juli 2022 ein schlechtes Jahresergebnis aus. Aus Sicht der Lobbyisten, die im Freistaat gut 2.700 Mitgliedsunternehmen vertreten, „mangele es an Konzepten, Führung, Planung…“
Ingolf F. Brauner, Präsident von mib, mahnt die fehlenden wirtschaftspolitischen Konzepte an: „Herr Scholz und Herr Habeck, bitte hören Sie endlich auf die Expertenstimmen aus der Wirtschaft. Mit weniger Duschen werden wir die gasabhängigen Betriebe nicht über den Winter retten können. Die Wirtschaft leidet darüber hinaus an Rohstoff- und Personalmangel. Wo bleiben Ihre konkreten Maßnahmen für die kommenden Monate und wo die politischen Leitplanken für die Zukunft?“. Brauner schlägt angesichts der aktuellen gewerkschaftlichen Tarifforderungen darüber hinaus dringend einen runden Tisch im Bundeskanzleramt mit Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vor, um die Gefahr einer Inflationsspirale gemeinsam abzuwenden.
Umfeld für ausländische Investoren hat sich verschlechtert
Diese Stimmungslage deckt sich in weiten Teilen mit einer jüngst veröffentlichten Studie der Wirtschaftsprüfer von KPMG, die bundesweit 360 CFOs („Chief Financial Officer“, für die Finanzen Verantwortliche im Unternehmen) von deutschen Tochtergesellschaften befragten, die zu ausländischen Mutterkonzernen gehören. Für 40 % der Befragten ist laut Studie „Business Destination Germany 2022“ das wirtschaftliche Umfeld für internationale Investoren weiter intakt. Insbesondere beim Lebensstandard, der öffentlichen Sicherheit und der politischen Stabilität gehört Deutschland, wie gewohnt, zu den Top-Performern in Europa.
Richard Schaurich, Präsidiumsmitglied des mib und hier seit Jahren verantwortlich für die Finanzen, hebt mahnend den Finger: „Wir in Bayern sind zwar bei allen Standortfaktoren weitestgehend federführend in Deutschland, aber auch wir müssen uns mehr anstrengen. Es gilt überregional die besten Kräfte, die wir in Deutschland haben, spartenübergreifend zu bündeln: Zur Erstellung einer nachhaltigen Zukunftsstrategie für Deutschland, was wahrlich eine Mammutaufgabe darstellt. Nicht heute, nicht morgen, sondern jetzt.“
Schaurich legt den Finger passgenau in die Wunde, denn bedenklich verhält es sich laut KPMG-Studie bei den Standortfaktoren Steuersystem, Digitalisierung und logistische Infrastruktur. Hier hat der Wirtschaftsstandort Deutschland im EU-Vergleich weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren! Gemischte Gefühle haben die Entscheider bei der Arbeitsproduktivität, die insgesamt zwar noch hoch ist, seit 2018 allerdings stagniert. Das steht diametral zur Entwicklung in anderen Industrieländern und zum EU-Durchschnitt. Hier herrscht eindeutig Reformbedarf, so der Tenor der Top-Manager. Zukunftsweisende Leuchtturm-Projekte mit einem Investitionsvolumen von mindestens zehn Millionen Euro planen 19 % der Befragten. Vor vier Jahren wollten noch 24 % entsprechend investieren.
Gefragt sind jetzt professionelle Konzepte für die Zukunft
Gabriele Sehorz, Präsidentin des BDS Bayern fordert von Bundeskanzler Scholz, endlich die angekündigte Führung zu zeigen: “Bei Corona wird von Aufhebung der Isolationspflicht bis hin zu erneuten Lockdownmaßnahmen alles diskutiert – Ausgang ungewiss. Putin spielt bei der Gasversorgung sein perfides Spiel mit Wirtschaft und Gesellschaft weiter – Ausgang ungewiss. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi einen vollen Inflationsausgleich für Ihre Mitglieder, obwohl wir am Rande zur Rezession stehen – Ausgang ungewiss. ”
Politisches „Bashing“ aus Bayern bringt allerdings auch keine Lösung. Es gilt jetzt im klassischen, präventiven Krisenmodus nachhaltige Konzepte mit glasklaren Strategien und angemessenen Maßnahmen ohne ideologische Vorurteile gemeinsam zu erarbeiten und umzusetzen. Dabei sollten nicht nur die ursächlichen Projekte, sondern auch die begleitende Kommunikation im Fokus stehen. Corona hat uns eindeutig gezeigt, dass die Bevölkerung als Verbündeter mitzunehmen ist, um am Ende erfolgreich zu sein. Das wiederum setzt professionelle Kommunikation durch die Agierenden voraus!